Was ist Körperpsychotherapie?


Patienten, die eine Körperpsychotherapie (synonym körperorientierte Psychotherapie) suchen, sind meist auf der Suche nach Lösungen von Problemen, die sie mit Worten nicht eindeutig beschreiben können. Sie spüren Defizite in sich und wollen herausfinden, worum es sich genau handelt, was die Ursachen sind. Ein solches Defizit mag eine diffuse Angst sein, von der sich ein*e Patient*in befreien möchte. Die Lösung muss im Körper gespürt werden, wenn der Verstand sie nicht findet. Der Begriff der Körperpsychotherapie ist weniger bekannt, es gibt oft nur vage Vorstellungen, was Körperpsychotherapie bzw. Körpertherapie beinhalten. Nach den Erkenntnissen der Körperpsychotherapie gehören nicht verarbeitete Verletzungen oder Erlebnisse oder in frühester Kindheit empfundene Emotionen in diesen Bereich. Sie sind im Körper gebunden oder eingeschränkt. Wenn das so ist, dann reicht es nicht, nur darüber zu sprechen. Es muss eine Form gefunden werden, diese nicht gelösten Konflikte wieder zu erleben (und zwar im Körper), und dann festzustellen, dass sie das Kind früher bedroht oder massiv überfordert haben. Die Körperpsychotherapie arbeitet im Idealfall dann heraus, dass die gespürten Defizite heute im Leben der Erwachsenen keine Gefahr mehr darstellen.

Frühe Emotionen wieder in den Ausdruck bringen

Methodisch leitet die Körperpsychotherapie den*die Patienten*in an, frühe Emotionen wie Wut, Hass, Traurigkeit, Hilflosigkeit, Herabwürdigung in der Familie wieder in den (Körper-) Ausdruck zu bringen. Wilhelm Reich gilt als Begründer der Körperpsychotherapie. Nach seiner Auffassung ist Beziehung in der Körperarbeit energetisch definiert. Der Atem gilt als vitalisierende Kraft. Es geht in den Körperübungen daher oft um vertiefte Atmung, Ausdruck mit Hilfe von Stimme und Bewegung. Viele Patienten*innen erleben hier starke Blockierungen. Auf diese Weise lassen sich reale Probleme des Erwachsenenlebens bearbeiten. Aus dem Gefühl des sich „nicht zugehörig Fühlens“ lassen sich Einschränkungen in Partnerbeziehungen oder im Beruf erklären. Vielleicht findet der*die Patient*in eine Erklärung für unbefriedigende oder fehlende Beziehungen oder warum er*sie nie Karriere macht.

 

Nach intensiver Körperarbeit öffnen sich Brust und Herz wieder. Ein befreites Zwerchfell, ein bewegliches Becken zeigen an, dass die Energie wieder fließen kann. Alexander Lowen hat daraus seine Therapie-Methode der Bioenergetischen Analyse entwickelt. Besonderes Merkmal darin sind die Bioenergetischen Charakterstrukturen.

 

Körperübungen als Teil der Therapie

In der Körperpsychotherapie gibt es eine Reihe von Körperübungen, die zum Einsatz kommen, aber es gibt nie ein standardisiertes festgelegtes Verfahren. Der Körper spiegelt die momentane Befindlichkeit und auch die gesamte Lebensgeschichte. Der Körper speichert die Erfahrungen. Sie werden verkörpert. Die Arbeit ergibt sich aus der Situation und aus dem Kontext, den ein*e Patient*in mitbringt.

 

Der Prozess geht sozusagen vom Wort zum Körper. Und: "Der Körper lügt nie", sagt Alexander Lowen.

 

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Wegweisende Sitzung der DGK

Die Deutsche Gesellschaft für Körperpsychotherapie e.V. (DGK e.V.) ist die deutsche Sektion der European Association for Bodypsychotherapie (EABP). Ihre Definition lautet: „Der*die Körperpsychotherapeut*in arbeitet direkt und indirekt mit dem Organismus als einer essentiellen Verkörperung des mentalen, emotionalen, sozialen und spirituellen Lebens. Er*Sie ermutigt sowohl innere selbstregulative Prozesse als auch die angemessene Wahrnehmung der äußeren Realität. Durch seine*ihre Arbeit ermöglicht der*die Körperpsychotherapeut*in entfremdeten Aspekten des Klienten bewusst, anerkannt und integriert zu werden. Um diesen Übergang von Entfremdung zu Ganzheit ermöglichen zu können, sollte der*die Körperpsychotherapeut*in folgende Qualitäten haben:

 

1.       Intuitive Wahrnehmungsfähigkeit und ein reflektives Verständnis einer gesunden menschlichen Entwicklung.

2.       Die Kenntnis verschiedener Muster ungelöster Konflikte aus der Kindheit und ihrer spezifischen chronischen Spaltung im Geist und Körper.

3.       Die Fähigkeit, einen dauerhaften Bezugsrahmen herzustellen….“ 

 

Therapie-Richtungen bei der DGK

Im Dezember 2019 hatte ich Gelegenheit, an der Mitgliederversammlung der DGK in Berlin teilzunehmen. Ich war gespannt, die Vertreter*innen der verschiedenen Körperpsychotherapie-Richtungen kennenzulernen. Einige Bezeichnungen kannte ich gar nicht, das Feld zeigte sich wirklich sehr vielfältig. Zu dieser Zeit war gerade eine Initiative zur Abschaffung des Heilpraktiker-Standes aktuell, worüber aufgeregt diskutiert wurde. Schnell war klar, wenn dem stattgegeben würde, wäre auch der Bestand des „Heilpraktikers für Psychotherapie“ in Gefahr. Und das ist die Berufsbezeichnung, auf die sich eine große Zahl von Körperpsychotherapeuten*innen stützen, um legal Körperpsychotherapie ausüben zu dürfen. Zum Glück lief die Initiative zumindest bis heute ins Leere.Die Sitzung begann mit Berichten einiger Vertreter*innen von Körperpsychotherapie-Richtungen, die gemeinsam einen positiven Aspekt in den Vordergrund stellten: „Der Ruf nach Körpertherapie aus den Kliniken ist laut“, sagte eine Vertreterin der Konzentrativen Bewegungstherapie. Mittlerweile gebe es in vielen Kliniken für Psychosomatische Medizin Therapieangebote aus dem Bereich von Körperpsychotherapie. Das an sich wurde als positive Entwicklung dargestellt. Es gab aber darüber hinaus einen weiteren Aspekt, der sich daraus ergebe. Wenn Patienten*innen am Ende eines Aufenthaltes die Behandlungen bewerten, stehen körperpsychotherapeutische Verfahren sehr häufig auf den vordersten Plätzen. Diese Information fanden die anwesenden Studenten*innen wichtig für ihre Zukunft auf dem Arbeitsmarkt der Körperpsychotherapie. Ich lernte an Ort und Stelle, dass es seit 2010 einen Studienschwerpunkt „Körperpsychotherapie“ gibt, der als Studiengang Motologie an der Philipps-Universität Marburg angeboten wird: „Ziel des Masterstudiengangs Motologie ist es, Absolventinnen und Absolventen zur ganzheitlichen bewegungsorientierten Förderung von Entwicklung zu befähigen…. Als pädagogisches oder therapeutisches Konzept ist sie in einer Vielzahl von Einrichtungen unter dem Überbegriff „Psychomotorik“ vertreten.“ Ich frage in der Pause nach. Die Motologie kann in Göttingen als Master-Studiengang studiert werden. Mehrere Bachelor-Richtungen sind als Voraussetzung möglich. Es gibt auch Psychologen, das Fach zieht aber eher die Sportwissenschaftler an. So ist auch der derzeitige Fachbereichsleiter ein Sportwissenschaftler.

 

Die European Association for Bodypsychotherapy (EABP) hat sich als Dachverband der Körperpsychotherapiemethoden etabliert und setzt die weltweiten begrifflichen und ethischen Standards. Von der EABP anerkannte Körperpsychotherapie-Methoden sind

Entstehung und Geschichte

Die Entstehung der Psychotherapie geht auf Sigmund Freud zurück, der die Psychoanalyse entwickelte. Im Laufe der Zeit entwickelten sich weitere Formen von Psychotherapie, z.B. die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Es gab außerdem noch einen „abtrünnigen“ Schüler Freuds mit Namen Wilhelm Reich, dessen Vorstellungen den Körper in die Psychotherapie einbezogen. Nach seiner Überzeugung drückt auch der Körper viel vom Charakter einer Person aus. Damit beschrieb er den zentralen Ansatz der Körperpsychotherapie. Reich sah, dass der Körper uns selbst und unsere Geschichte ausdrückt. Damit war für ihn klar, dass er als Psychotherapeut die Psyche seiner Patienten*innen über den Körper erreichen, stärken und heilen konnte.

 

Ab 1930 entwickelte Reich unter der Bezeichnung „Charakteranalyse“ eine Theorie und Technik, in der er davon ausging, dass es Interaktions- und Beziehungsmuster (sogenannte „Charaktermuster“) gibt, die Widerstandscharakter haben, und die systematisch durchgearbeitet werden müssten. Diese Charakterstrukturen gehen, so Reich, mit bestimmten Körperhaltungen einher, die sich wiederum in der Körpersprache der Patienten (also in Bewegung, Mimik, Tonus, dem Blickverhalten, dem stimmlichen Ausdruck usw.) auswirken. Reich legte mit seiner ab 1934 entwickelten Vegetotherapie einen Grundstein für die Körperpsychotherapie. In der Folge wurden über 20 Körperpsychotherapie-Schulen gegründet, die unterschiedlich stark von der Psychoanalyse, von der Körpertherapie, von der humanistischen Psychologie, von der Reformpädagogik, vom Ausdruckstanz, vom Theater, von der westlichen Philosophie und/oder von der östlichen Philosophie geprägt sind.

 

 

 

 

 

Rechts: Alexander Lowen im Workshop in Schloss Eringerfeld

 

Lange nach Wilhelm Reich - in den 1960er und -70er Jahren - wurde die Körperpsychotherapie dann durch die Human Potential Bewegung und die daraus hervorgegangene Humanistische Psychotherapie geprägt. Heute ist die Körperpsychotherapie eine der grundlegenden Richtungen in der Psychotherapie. Sie lässt sich der Tiefenpsychologie und der Humanistischen Psychologie zuordnen. Ihr Grundprinzip ist die Einheit von Körper, Seele und Geist, die auch in mehreren Definitionen der Bioenergetischen Analyse formuliert ist. Die Körperpsychotherapie seit Wilhelm Reich war wenig beachtet bei den etablierten und von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannten Psychotherapierichtungen. In den 1990er Jahren sorgten die Neurowissenschaften mit Hilfe von bildgebenden Verfahren gewonnenen neuen Forschungsergebnissen für allgemeines Interesse an körperpsychotherapeutischen Verfahren. Das Einbeziehen des Körpers wird in der Psychotherapie findet heute zunehmend Anerkennung.

Blockierte Lebensenergie ins Fließen bringen

Blockierte Lebensenergie kann ins Fließen kommen, wenn die Gefühle und Affekte, die in der Kindheit unterdrückt oder festgehalten werden mussten, wieder gefühlt und verstanden werden dürfen. Der verbale und der Körper-Ausdruck lange unterdrückter Gefühle sind die Schritte, die die Patienten*innen als Befreiung erleben. Unterdrückte Emotionen oder ungelöste Konflikte führen zu Schwierigkeiten in vielen Lebensbereichen wie auch zu Verspannungen, Schmerzen oder Krankheiten. Der Körper speichert diese Erfahrungen, er verkörpert sie. Hier setzt die Körperpsychotherapie an. Sie ist damit das Eintrittstor in die Welt des Unbewussten und der Seele. Alexander Lowen formulierte als Leitmotiv seiner Bioenergetischen Behandlung das Postulat von der „Therapie der Seele durch Arbeit mit dem Körper“. Denn jede Emotion, jeder Schock und jede Frustration zeigt nicht nur eine seelische, sondern auch eine körperliche Wirkung. 

Die Körperdiagnostik erfolgt anhand von Körperhaltung, Bewegung/Energieverteilung, Atmung und aktuellem Verhalten im Kontakt. Eine Methode ist das “Body-Reading”. Körperliche Haltungen, Gesten, Sprache/Mimik, aufgedrückte Gefühle ergeben Aufschluss über die emotionale Situation des*der Klienten*in. 

Ein Beispiel - Eine Patientin (42 Jahre alt) erläutert in der Therapie: „Ich bin Schuld an der Misere meiner (Ursprungs)- Familie.“ Nach den Theorien der Körperpsychotherapie werden solche „Überzeugungen“ als Gefühl im Körper gespeichert und geben vor, wie die Welt „wirklich“ ist. Demnach würde ein Mensch mit dem seit der Kindheit im Körper verankerten Gefühl diesen Grundsatz auch in der eigenen Beziehung, in der Kindererziehung und im Beruf beibehalten, unabhängig davon, was er real schon geleistet hat. Körperpsychotherapeuten gehen davon aus, dass eine solch intensiv verinnerlichte Überzeugung nur dann verändert werden kann, wenn zunächst in der Therapie, dann nach und nach in der Realität eine andere Erfahrung möglich wird. Die Körperpsychotherapie wird hervorheben, welche persönlichen Leistungen die Patientin erbracht hat, wie sehr sie ihr Partner schätzt, dass sich die Kinder doch prächtig entwickelt haben, dass die letzte Gehaltserhöhung auch Ausdruck von Wertschätzung ist.

 

Emotionen wie Wut und Trauer ausdrücken

Wilhelm Reich ermutigte seine Patienten zu emotionalem Ausdruck, z.B. von Wut oder Trauer, er drückte und massierte verspannte Muskulatur und forderte seine Patienten*innen auf, frei und voll durchzuatmen. Die Körperberührungen in der Körperpsychotherapie können sehr sanft sein. Die körperlichen Übungen können auch Stresspositionen mit starken Anspannungen simulieren. Die Kommunikation läuft parallel auf verbaler und nonverbaler Ebene. Speziell die nonverbale Ebene wird eingehend analysiert und besprochen. Ich kann meine Patienten einladen, in ihren Körper hineinzuspüren und ihre Gefühle durch Körperhaltungen, Gesten, Bewegungen oder Stimme auszudrücken. Dabei ermutige ich sie, ihren Impulsen zu folgen. Ich lade die Klienten auch ein, ihren Atem wahrzunehmen, zu spüren, wo der Atem stockt, den Atem möglichst frei fließen zu lassen und dem Fluss des Atems zu folgen.   

 

Beispiel: A., ein muskulöser sportlicher Mann von 27 Jahren, Sozialversicherungskaufmann, seit einigen Monaten geschieden nach einer dreijährigen Ehe, kommt voller Wut in die Sitzung, weil ihn seine Exfrau mit seiner neuen Partnerin auf Facebook gepostet hat. „Ich könnte sie umbringen“, sagt er.

 

Ich fordere ihn auf, mit den Fäusten auf den ca. 1 m hohen Schaumstoffwürfel zu schlagen. Nach kurzem Zögern schlägt und tritt er heftig zu. Er kann auf Anhieb seine Stimme einsetzen: „Lass mich in Ruh‘!“. Das hält er eine Weile durch, dann wendet er sich mir zu und zeigt sein Erstaunen, wie gelöst und entspannt er sich nun fühle. Er spricht darüber, wie unglücklich er war, obwohl er ausschließlich Wut und Anspannung gespürt hat. 

 

 

Hier sehen Sie den Film zur Arbeit mit dem Würfel.

Wer war Wilhelm Reich?

Geboren am 24. März 1897, gestorben am 3. November 1957

 

Reich gilt als Vater der Körperpsychotherapie, als Begründer der körperorientierten Psychotherapie. Er studierte Medizin in Wien und promovierte 1922 zum M.D. Er war Schüler Siegmund Freuds. In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts praktizierte er als Psychoanalytiker. Reich entwickelte seine Charakteranalyse, danach die körperorientierte Vegetotherapie und in den 40er Jahren die Orgontherapie. Seine Beiträge zum Verständnis menschlicher Gefühle, Motivationen, Leben und Energie haben wichtige Auswirkungen auf Wissenschaft, Psychologie, Soziologie und Politik. Eines seiner bekanntesten Bücher ist die 1933 erschienene „Massenpsychologie des Faschismus“. Von den Nationalsozialisten verfolgt gelangte er über Dänemark und Norwegen 1939 nach New York. Er forschte und lehrte dort an der New School for Social Research.

 

Die grundlegende Wahrheit, die Wilhelm Reich herausfand, ist immer noch die Gleiche: „Wir sind unser Körper“.

 

Das Verständnis für Reichs Arbeit war zeitlebens begrenzt. Reich starb nach politischer Verfolgung mit nur 60 Jahren in der McCarthy-Ära 1957 im Gefängnis.